Tiefer, erholsamer und effizienter schlafen – ein Traum für viele.

Das Geschäft mit Schlaftrackern boomt.
Doch können sie uns wirklich helfen, unseren Schlaf zu verbessern?

Was sind Schlaftracker und wie funktionieren sie?

Schlaftracker sind Geräte oder Apps, die uns helfen sollen, unseren Schlaf zu messen, zu analysieren und zu verbessern. Es gibt sie als Armband, als Ring, als Oberarm- oder Brustband, als Teil einer Smart-Watch, als Gerät, das man unter die Matratze schiebt oder als Schlaf-App für das Smartphone.

Die meisten Geräte zeichnen zum Beispiel folgende Parameter auf:

  • Die Bewegungen, die wir im Schlaf machen (durch einen Beschleunigungssensor)
  • Den Geräuschpegel (durch ein eingebautes Mikrophon)
  • Den Puls im Schlaf (durch einen Pulssensor)

Wenn es sich um eine reine Smartphone-App handelt, wird das Smartphone neben das Kopfkissen gelegt und zeichnet den Atem und Vibrationen der Matratze auf, welche durch Bewegungen ausgelöst werden.

    Aus diesen Daten wird dann mithilfe von Algorithmen versucht, zu errechnen, wann, wie lange und wie tief wir schlafen und wie erholt wir aufgrund dieser Daten am Folgetag sein werden.

    Am nächsten Morgen können wir ablesen, wann wir ins Bett gegangen und aufgestanden sind, wie lange wir geschlafen haben und wieviel Zeit wir in bestimmten Schlafphasen verbracht haben. So die Theorie. Wie sieht es aber in der Praxis aus?

    Schlaftracker messen oft ungenau

    Schon wenn wir still im Bett liegen und grübeln, haben viele Schlaftracker bereits ein Problem, zu entscheiden, ob wir wach sind oder schlafen.

    Noch schwieriger wird es bei der korrekten Messung der verschiedenen Schlafphasen (Leichtschlaf, Tiefschlaf, Remschlaf). Die Schlafphasen unterscheiden sich durch unterschiedliche Hirnstromfrequenzen, die nur mit einem EEG (Elektroenzephalogramm) im Schlaflabor korrekt gemessen werden können.

    Mit einem Gerät am Handgelenk geht das leider nicht. Daher sind die „Messungen“ der Schlafphasen durch Schlaftracker letztlich Schätzungen der einprogrammierten Algorithmen aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten (wie zum Beispiel die körperliche Bewegung).

    Bei Tests im Schlaflabor, bei denen Versuchspersonen zusätzlich zum EEG auch Schlaftracker am Handgelenk getragen haben, lieferten die Schlaftracker ungenaue Ergebnisse – sowohl im Vergleich zum EEG und auch untereinander. Die Ergebnisse schienen im Vergleich zu den Messungen im Schlaflabor eher zufällig.

    Tendenziell wird von Schlaftrackern zu viel Zeit als Schlaf gewertet und besonders der so wichtige Tiefschlaf wird oft falsch eingeschätzt.

    Noch ungenauer als die sogenannten „Wearables“ (so nennt man Schlaftracker, die am Körper getragen werden) messen reine Smartphone-Apps oder Geräte mit App-Unterstützung, die unter die Matratze geschoben werden. Eventuell kann eine solche Schlafapp Sinn machen, wenn du allein schläfst und einfach mal punktuell überprüfen möchtest, ob du schnarchst. Von einer weiteren Nutzung dieser Geräte zur Erkennung deiner Schlafphasen, Schlafdauer oder Schlafqualität würde ich abraten.

    Wenn Schlaftracking problematisch wird

    Schwierig wird es, wenn Menschen die zum Teil ungenauen bis falschen Messungen ihrer Schlaftracker für bare Münze nehmen und sich dadurch Nachteile für ihre Gesundheit ergeben.

    Viele Schlaftracker tendieren zum Beispiel dazu, zu hohe Tiefschlafwerte zu „messen“. Bei einem Schlafbedarf von 7-8h verbringen wir bei gesundem Schlaf ca. 90 Minuten im Tiefschlaf. Manche Menschen erleben jedoch nächtelang wenig bis gar keinen Tiefschlaf. Auf Dauer hat das gravierende Folgen für das Wohlbefinden und die Gesundheit. Wenn ein Schlaftracker dann anzeigt, dass ein User gute oder sogar überdurchschnittlich gute Tiefschlafwerte hat, hat das nichts mit wissenschaftlicher Messung zu tun. Ein solcher Wert kann den Schläfer in falscher Sicherheit wiegen und suggerieren, dass er kein Schlafproblem hat.

    Umgekehrt kann Schlaftracking bei manchen Menschen zu Stress führen, wenn sie sich über „schlechte Werte“ Sorgen machen – oder über die Folgen ihres (vermeintlich) schlechten Schlafs am nächsten Tag. Auf Dauer kann das sogar Schlafprobleme verschlimmern.

    Wissenschaftler haben die Auswirkungen von Sleep-Scores von Schlaftrackern auf ihre User erforscht. Dabei wurde festgestellt, dass die vom Schlaftracker vermittelten Werte die Gefühle und das Verhalten der User am nächsten Tag beeinflussen – auch wenn die genannten Ergebnisse nicht der Wahrheit entsprachen.

    Wenn die Messungen ungenau oder falsch sind, kann das je nach Abweichung positive oder negative Auswirkungen auf die User haben.

    Die Nutzung von Schlaftrackern kann auch dazu beitragen, dass der Kontakt zum eigenen Körpergefühl vernachlässigt oder geschwächt wird. Das kann passieren, wenn wir uns abgewöhnen, in uns hineinzuhören, sondern uns nur noch nach den Daten des Geräts richten (z.B. „Readiness-Score“).

    Besonders nachteilig wird es, wenn wir uns anders fühlen, als das Gerät es uns vermittelt, wir aber dem Gerät mehr vertrauen als unserem Körper (obwohl die Daten des Geräts vielleicht durch ungenaue Messungen oder Algorithmusfehler zustandegekommen sind).

    Für dauerhaft guten und erholsamen Schlaf ist es wichtig, dass wir eine gute Beziehung zu unserem Körper haben, dass wir auf unser Körpergefühl hören, und dass wir lernen auf die Signale zu hören, die unser Körper uns sendet.

    So kannst du Schlaftracker sinnvoll nutzen

    Allen Fehlerquellen zum Trotz kannst du Schlaftracker auch sinnvoll und gewinnbringend nutzen.

    Wichtig: – mach dich nicht abhängig von den gemessenen Werten. Lass es nicht so weit kommen, dass du deine Werte wissen musst, bevor du weißt, wie du dich morgens fühlst und ob du gut geschlafen hast.

    Geh immer davon aus, dass es trotzdem ein guter Tag werden kann – egal was deine Werte sagen.

    Nimm die einzelne Werte, die deinen Schlaf oder deine prognostizierte Leistungsfähigkeit am nächsten Tag betreffen, nicht unbedingt für bare Münze. Schau dir aber immer mal wieder an, wohin die Reise geht. So kannst du Tendenzen und Entwicklungen erkennen und wenn nötig gegensteuern.

    Diese Messwerte können wirklich hilfreich sein

    Ruhepuls (Resting Heart Rate)

    Dein Ruhepuls zeigt an, wie viele Herzschläge wir durchschnittlich pro Minute haben.

    Kinder und Senioren haben einen höheren Ruhepuls als Erwachsene. Für einen gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren gilt ein Bereich von 60-90 bpm als normal. Optimal wären bei einer gesunden erwachsenen Frau aber Werte zwischen 60 und 74 bpm und bei einem entsprechenden Mann zwischen 50 und 69 bpm. Gut trainierte Sportler haben meist einen deutlich niedrigeren Ruhepuls.

    Warum ist dieser Wert wichtig?

    Der Ruhepuls ist mehr als nur ein Indikator für körperliche Fitness. Experten weltweit gehen inzwischen davon aus, dass ein hoher Ruhepuls ein unabhängiger Marker für das Risiko einer vorzeitigen Sterblichkeit und für ein Herzinfarkt-Risiko ist.

    Kann der Ruhepuls auch zu niedrig sein?

    Wenn ein Mensch einen sehr niedrigen Ruhepuls hat, aber kein Sportler ist, kann das krankhaft sein. Wenn Symptome auftreten wie Schwindel und Atemnot, sollte das unbedingt ärztlich abgeklärt werden.

    Der individuelle Ruhepuls

    Der individuelle Ruhepuls kann von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein. Der persönliche Ruhepuls eines Menschen schwankt jedoch nur selten um mehr als 10bpm. Wenn der „eigene Ruhepuls“ erhöht ist, kann das auf eine akute Infektion oder eine chronische Krankheit (z.B. Diabetes) hinweisen.

    Das Minimum des Ruhepulses

    Interessant ist es auch zu beobachten, wann in der Nacht das Minimum deines Ruhepulses auftritt. Je früher, desto besser, denn dadurch erkennst du, wie schnell du abschalten kannst und dein Körper sich wirklich entspannt und erholt.

    HRV (Herzratenvariabilität/Herzfrequenzvariabilität/Heart Rate Variability)

    Die HRV misst die Variation der zeitlichen Abstände zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen in Millisekunden. Ein gesundes Herz schlägt nicht gleichmäßig wie ein Metronom, sondern die Abstände zwischen den Herzschlägen variieren ständig. Je größer diese Unterschiede, desto höher die HRV.

    Eine hohe HRV wird mit einem gesunden Herz, sowie mit allgemeiner körperlicher Gesundheit, mit höherer Lebensqualität und geringerer Anfälligkeit für Krankheiten in Verbindung gebracht.

    Die HRV wird zum Beispiel von unserer Atmung, von körperlichem Training, von hormonellen Reaktionen, von unserem Stoffwechsel, von kognitiven Prozessen, sowie von Stress und Erholung beeinflusst. Wenn wir einen gesunden Lebensstil pflegen können wir unsere HRV deutlich positiv beeinflussen.

    Es gibt zwar Referenzwerte für die HRV, die Durchschnittswerte hängen aber von vielen Faktoren ab und sind mit Vorsicht zu genießen. Ca. 30% der HRV hängen von genetischen Faktoren ab, deshalb sind Vergleiche mit anderen Menschen wenig zielführend.

    Hilfreicher ist es, die eigenen Werte zu erkennen und langfristig Entwicklungen und Tendenzen zu beobachten und eventuell positiv zu beeinflussen.

    (Tiefschlaf)

    An sich ist die Dauer des Tiefschlafs eine sehr wichtige und hilfreiche Kennzahl für Erholung. Deine Tiefschlafphasen sollten möglichst lang und die erste Tiefschlafphase möglichst früh in der Nacht sein. Ich habe diesen Wert eingeklammert, weil du dir immer möglicher Messfehler und Ungenauigkeiten bewusst sein solltest. Dennoch kann es auch hier interessant sein, Tendenzen und langfristige Entwicklungen zu beobachten. Zum Teil wird auch gut sichtbar, wie sich ein bestimmtes Verhalten am Tag auf deinen Schlaf in der Nacht auswirkt.

    Körpertemperatur

    Abweichungen bei deiner Körpertemperatur können bei Frauen zyklusbedingt sein.

    Insbesondere höhere und/oder häufigere Abweichungen können darauf hinweisen, dass dein Körper mit etwas kämpft. Es kann sein, dass eine akute Infektion im Anzug ist, die du auskurieren solltest, oder dass eine längerfristige Störung deine Aufmerksamkeit braucht.

    Fazit

    Ob sich ein Schlaftracker für dich lohnt und wenn ja welcher, lässt sich nicht pauschal beantworten.

    Wenn du die oben genannten Einwände und Tipps beachtest, kann die Nutzung eines Schlaftrackers sehr hilfreich sein und deine Leistungsfähigkeit, deinen Schlaf und deine Gesundheit positiv beeinflussen.

    Wenn es dir eher eine Last ist oder zusätzlichen Stress verursacht, verzichte lieber darauf.

    Wenn du einen Schlaftracker kaufen willst, achte auf gute Testergebnisse und – sofern vorhanden – Studien zur Validität der ermittelten Daten. Ich würde nur einen Schlaftracker kaufen, der unter anderem den Ruhepuls und die Herzratenvariabilität (HRV) misst. Diese Messergebnisse sind übrigens auch oft sehr genau und valide! Nimm diese Rohdaten ernster als irgendwelche Erholungswerte oder Readiness-Scores, die vom Algorithmus deines Trackers auf zum Teil fragwürdige Weise berechnet wurden.

    Wenn dein Schlaftracker dir Spaß macht und dich zu einem gesunden Lebensstil motiviert – go for it!

    Andernfalls lass es mit gutem Gewissen sein.

    Auf deinen erholsamen Schlaf!